Das Leben in Frankenhain
Von 1550 bis 1945
Im Jahre 1552 hatte Oberfrankenhain 23 Anwesen und 24 sonstige Einwohner. Niederfrankenhain hatte zu dieser Zeit 22 Anwesen und weitere 21 sonstige Einwohner. Diese Einwohnerangaben sagen aber nicht aus, wie viele Leute damals tatsächlich in Frankenhain wohnten. Es wurden die Frauen und Kinder der Haus- und Gutsbesitzer und völlig Besitzlose, Tagelöhner oder einzelne Mitbewohner und erst recht deren Frauen und Kinder gar nicht gezählt.
Seit Beginn der Kaufaufzeichnungen 1576 befindet sich zum Beispiel ein Gut in Oberfrankenhain im Besitz der Familie Müller, Gartenstraße 8.
Erster nachweislicher Besitzer in der Reihe ist Veit Müller. Dessen Sohn Jacob kaufte 1576 das Gut. Es ist somit sehr wahrscheinlich, dass bereits vor Veit Müller, also vor 1500, diese Familie hier besagtes Bauerngut besass. Seit 1689 scheint eine Schänke in dem Gut gewesen zu sein. Sicher nachgewiesen ist aber, dass im Jahre 1717 hier ein Gasthaus betrieben wurde.
Ein alter barocker Grabstein (siehe Bild oben) auf dem Friedhof erzählt aus der Müllerschen Familiengeschichte:
“Dieses Denkmal kindlicher Liebe errichtet der besten Mutter zween wohl versorgte Söhne zu Amsterdam und Breßlau…”
Gemeint ist Frau Sybille Beyer, eine geborene Schönfeld aus Prießnitz. In erster Ehe war sie verheiratet mit Johann Müller (1719) und hatte mit ihm eine Tochter, die verstarb, und fünf Söhne:
1. Johann Müller jun., Gastwirt in Oberfrankenhain
2. Christof Müller, Kaufmann zu Amsterdam
3. Gottlieb Müller, Kürschner und Rauchhändler zu Breßlau.
4. Meister David Müller, Hufschmied zu Neumark in Schlesien
5. Abraham Müller, Kürschner und Rauchhändler in Ostindien.
Die Wege der Nachfahren führen auch bis nach Rußland.
Während und in Folge des 30-jährigen Krieges hatten besonders die Oberfrankenhainer unter Plünderungen und Verwüstungen, speziell nach der Schlacht von Lützen, zu leiden. Das Dorf lag unmittelbar an der alten Heesrtraße. Truppen der verschiedensten Kriegsparteien zogen in kurzen Abständen hier durch. Einige Güter (z.B. das Taubertsche Gut, damaliger Besitzer Matthes Heinich) wurden so stark beschädigt, dass mehrere Jahre lang die Felder nur schlecht bestellt werden konnten, einige Flächen längere Zeit brach lagen und deshalb die betroffenen Bauern teilweise von Steuern befreit wurden. Im Gerichtsbuch von Geithain ist 1651 zu lesen, dass “Georg Nöbel von Oberfrankenhain die schweren Kriegslasten die ganze Zeit ausgestanden und Leib und Leben gewagt hätte, dass sein teuer erkauftes Gut nicht von Soldaten in Brand gesteckt wurde…”
1662 wird Martin Sieber, Frankenhainer Bürger und Meistertöpfer in Frohburg, erwähnt. Der Frankenhainer Peter Oertel starb 1682 im Alter von 87 Jahren, erlebte 78 Kinder und Kindeskinder. Über ihn schrieb der damalige Pfarrer Gress: “Es war zu verwundern, dass der liebe Mann bei seinem hohen Alter noch ein so gutes Gedächtnis hatte, dass er mir die Evangelien vom neuen Jahr bis zu Lichtmeß von Wort zu Wort wußte herzusagen und ich mußte ihn sehr nötigen aufzuhören”.
Um 1718 gibt es Grenzstreitigkeiten zwischen Friedrich von Ende (Herr auf Königsfeld) und Gottlob Innozenz von Einsiedel (Herr zu Hopfgarten) das Frankenhainer Territorium betreffend.
1770 erfolgte auch bei uns die Einführung der Gregorianischen Zeitrechnung.
1798 schreibt Pfarrer Traugott Friedrich Fischer bei seinem Amtsantritt: “Beginns waren die Sitten nicht die feinsten, besonders Trunkenheit und Freßsucht waren nicht fremd. Unzucht scheint weniger zu herrschen als anderswo, hohes Spiel war gänzlich unbekannt. Die Landwirtschaft wurde mit großem Fleiß und Nachdencken getrieben. In Oberfrankenhain war die Koppelhutung aufgehoben. Frühzeitiges Umpflügen der Stoppeln, Erde fahren, Klee- und Kartoffelbau wurden immer gewöhnlicher, so wie die Stallfütterung bis zum Herbst.”
1802: In unserer Kirchfahrt begann die Impfung der Schutzpocken.
1805 gab es eine große Teuerungswelle.
Im August 1809 wurden 12.000 Franzosen durch Geihain gefahren, welche nach Spanien sollten. Die Bauern mussten viel “spannen”, einige bis Coburg und Würzburg, ein Bauer sogar bis Mainz.
1811: Dreizehn Tage nacheinander unausgesetzt heftige Gewitter mit fürchterlichen Explosionen.
1813: Völkerschlacht
1814: Einquartierung von Russen, die nach Frankreich zogen und im Juni wieder zurück.
1817: Infolge der vorjährigen Nässe schwerer Ackerbau und Misswachs der Ernte. Feuer in Oberfrankenhain: Es brannten am 8. April vier Häuser ab, darunter die Schule, unstreitig angelegt (resp. Brandstiftung).
1818: 30. und 31. Mai starke Nachtfröste – es erfror das Obst und viel Roggen.
1821: Am 28. Oktober nachts ein Erdbeben, das hier als kleine Erschütterung und einem donnerähnlichen Rollen bemerkt wurde, bei Lunzenau und Penig am heftigsten war, ohne Schaden zu tun.
1825: Da in der hiesigen Gegend große Lager Braunkohle aufgefunden worden sind, so ist auch das Brennholz wohl feiler geworden.
1829: Merkwürdig durch große Fruchtbarkeit und zeitiges Einwintern. Ab 12. November fortan Frost.
1830: Kalter und langer Winter. 125 Tage Frost. 24., 25. und 26. Mai solche Gewitter, dass unsere beiden Bäche zu unerhörten Strömen anwuchsen. 30. Juni ein solcher anhaltender furchtbarer Regenguss, dass selbst in Oberfrankenhain ein Häusler sein Schweinchen ins obere Stockwerk retten musste.
1831: Die Frau Gräfin von Konow übergab die Gerichtsbarkeit und das Patronat an den Herrn Heinrich von Einsiedel auf Syhra, dessen Sohn Detlev von Einsiedel die Wirtschaft übernahm. In Niederfrankenhain wurde am Viehweg an der südlichen Seite ein neues Haus gebaut und als das erste mit Lehmschindeln gedeckt.
1835: Das neue Schulgesetz wird eingeführt und es gibt viel Streit zwischen den Gemeinden, den Schulvorständen und den Schulmeistern. Die Kreisdirektionen traten in Wirksamkeit.
1839: Beginn der Führung eines Gemeindebuches, sowohl in Ober- als auch in Niederfrankenhain.
In Ober- und Niederfrankenhain wurde nicht nur Landwirtschaft betrieben, auch etliche kleine Handwerksunternehmen waren ansässig. In regelmäßigen Abständen wurden Gemeinderatswahlen und Versammlungen abgehalten. Geführt wurden diese von wohlhabenden Bauern, Gutsbesitzern und auch Handwerkern. Häusler (also Grundbesitzlose oder Mieter), Tagelöhner und arme Bauern waren nicht stimmberechtigt. Gewählt wurde in Klassen, so dass gewährleistet war, dass aus allen Schichten Vertreter im Gemeinderat vertreten waren. Die Gemeinde kümmerte sich um die Armen, die Armenkasse und die Armenhäuser (im Volksmund Spittel genannt).
1840: Einsetzung der Dorfgemeinderäte und Wahl eines Schulinspektors.
1843: Es war die Zeit der sogenannten Güterausschlachtung. Das Verlangen zu kaufen oder zu pachten mehrte sich besonders darum, weil jedermann Vieh-, wenigstens aber Schweinezucht treiben wollte.
1852: Ober- und Niederfrankenhain und Hermsdorf kamen unter das königliche Gericht zu Geithain. Hopfgarten mit Elbisbach kam unter das königliche Gericht zu Borna.
1852: Unterstützung der Gründung des Schuhmachergewerbes aus der Armenkasse, im Gewerberegister 1862 wird Herr Gottfried Traugott Haugk als Schuhmacher genannt. In einer Passa gierliste von deutschen Immigranten, die aus Bremen kamen, ist am 8. November 1852 im Hafen von New Orleans (USA) eine Familie Schubert aus Oberfrankenhain verzeichnet. Erwähnt sind der vierzigjährige Vater Joh., Die vierunddreißigjährige Mutter Marg., sowie 6 Kinder (vier Jungs, ein Mädchen und ein Baby).
Am 20. August 1853 wurde die dem altschriftsässigen Rittergut Syhra zustehende Gerichtsbarkeit an den Staat abgetreten. Somit ging die Juristiktion über Nieder- und Oberfrankenhain an das Königliche Gericht in Geithain.
1855: Bau der Totenhalle
1856: Es war eigentümlich, dass diesen Sommer, oder wenigstens den größten Teil desselben, so bald einige heiße Tage waren, Gewitter aufstiegen und dass dann die Temperaturen unverhältnismäßig kühl waren. In Niederfrankenhain starben an Krankheiten 25 Menschen, die größte Zahl in der Kirchfahrt seit 1813.
1859: Große Trockenheit. Zwischen 3. Juni und 29. Juli hat es nicht geregnet.
1860 konnte in Niederfrankenhain ein neuer, ganzjährig betriebener Gasthof gebaut werden, weil die vorherigen Besitzer ihr ererbtes, je halbjähriges Gasthofsrecht, das auf 2 Güter verteilt war, verkauft hatten.
1862: Aus ökonomischer Sicht ein denkwürdiges Jahr. Seit 1842 hatte die Kartoffelkrankheit jedes Jahr zu großen Verlusten geführt. Sie bleibt aber ohne ersichtlichen Grund aus.
1864: Die Schmiede in Niederfrankenhain brannte ab, wahrscheinlich war es Brandstiftung.
1865: Anfang des Jahres hat es so sehr geschneit, wie „seit Menschengedenken nicht“, aber am 2. April plötzliches Tauwetter, dass man nicht von Ober- nach Niederfrankenhain wegen Hochwassers kommen konnte.
1865 wurde die Straße von Geithain nach Borna verlegt (ausgebaut) und zur Halbchaussee erhoben: “Vom 1. April 1867 an wurde in Folge des Straßenbaues auch unsere Gemeinde in den Weltverkehr verflochten. Nämlich viermal täglich ging durch unser Dorf eine Post, früh 4 Uhr und abends 7 Uhr von Geithain nach Borna und mittags halb 12, sowie abends 9 Uhr von Borna nach Geithain”.
1872: Den 6. März fand ein Erdstoß statt. Im Zimmer war ein Getöse, als wenn ein schwer beladener Wagen schnell über Pflaster fährt. Merkwürdigerweise haben Leute im Freien nichts bemerkt. Am 8. April wurde die Bahn Leipzig – Chemnitz eröffnet.
1873 ergab die Viehzählung in Niederfrankenhain 34 Pferde, 231 Rinder (davon 135 Kühe), 153 Schweine, 15 Ziegen und 39 Bienenstöcke.
1875: Einführung von Standesämtern im gesamten Gebiet des Deutschen Reiches, so auch für Ober- und Niederfrankenhain, Hermsdorf und Hopfgarten in Oberfrankenhain.
1878: Wegebau nach Hopfgarten
Bis 1882 hat Ottenhain über 100 Jahre wüste gele gen. Haubold von Einsiedel ‚hatt den Ort vom Rath zu Geithaine er kaufft‘ und wieder aufbauen lassen. Dieses Dorf hatte 200 Jahre lang zur Kirchgemeinde Hopfgarten gehört und ist erst 1882 nach Tautenhain gepfarrt worden.
1910: Die Elektrifizierung des Dorfes wird beschlossen, der Oberfrankenhainer Rat stimmt dem Bau einer elektrischen Straßenbeleuchtung aber auch 1912 immer noch nicht zu.
1926 erfolgt die Genehmigung zum Bau einer Tankstelle.
1938: Ein Beispiel für die nationalsozialistische Propaganda, die auch an Frankenhain nicht vorbei ging: Zur sogenannten “Volksabstimmung” am 10. April über die “Heimkehr von Deutsch-Österreich, des Reiches Ostmark, ins Deutsche Reich” ruft die Ortsgruppe der NSDAP am 7. April auf: “Es ist bis 2 Uhr zu wählen. Am 9. April wird an allen Häusern zeitgleich um 12 Uhr die Fahne gehißt. Jeder trägt bis einschließlich Sonntag Festkleidung, die Häuser sind zu illuminieren. 20 Uhr versammeln sich alle Einwohner im Gasthof Gräfe zur Übertragung der Führerrede. Danach stellen sich alle zum Fackelumzug und treffen sich auf der Höhe zwischen Frankenhain und Hermsdorf mit den Frauendorfern am lodern den Holzstoss…” Die nachfolgen den beiden Bilder vom Februar 1942 zeigt die französischen Kriegsgefangenen, die in Frankenhain ihren Arbeitsdienst verrichteten. Sie waren bei Graichens untergebracht und mussten auf den verschiedenen Bauernhöfen im Dorf arbeiten.