Die Legende vom Gäßnitzreiter

Beginnen wir mit dem wohl spektakulärsten Flurnamen in unserer Gegend. Die an die Frankenhainer Flur südlich angrenzende Flur Jäßnitz, benannt nach dem dort befindlichen Wäldchen, wäre vom Namen her sorbischen Ursprungs. Es könnten also schon vor der fränkischen Besiedelung hier Sorben gesiedelt haben. Dafür spricht, dass der Boden über die Hermsdorfer bis zur Niederfrankenhainer Flur der ertragreichste der Gegend war. Eine Besiedelungsinsel ist es auf alle Fälle von alters her gewesen. Beweise dafür sind die zahlreichen Steinbeil- und Scherbenfunde, die auch vom Lehrer Werner Jehnich aus Frauendorf geborgen wurden. Der Ortsname leitet sich vom urslawischen ‘jasen’ oder ‘jesen’ (zu deutsch ‘Esche’) ab, der als Ortsbezeichnung ‘Jesenice’ den Ort bezeichnet, wo Eschen wachsen. Diese Baumart scheint früher hier sehr verbreitet gewesen zu sein – siehe Eschefeld. Der Name des hinter der Jäßnitz liegenden Hermsdorf (Hermannsdorf) ist aber schon wieder deutscher Herkunft. Der Flurname Jäßnitz wird später von den Fränkern (so bezeichnen sich die Frankenhainer selbst) als Gäßnitz oder Gessnitz bezeichnet. Ob es aber einen Ort Gäßnitz (auch Jeßnitz oder Jäßniz genannt) jemals überhaupt gegeben hat und wann, ist bis her nicht belegt. Lediglich einige Steinfunde, die von Häusern stammen könnten, sind bekannt. Aber selbst in dem Thalmannschen Sammlungsbericht über die Oberfrankenhainer Bewohner (ab ca. 1556) sind keine Namensverweise auf etwaige Bewohner von Jäßnitz zu finden. Hier sind mehrfach sämtliche Nachbarorte Frankenhains im Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften, Familienverhältnissen und Abstammungen aus Gerichtsbüchern genannt. Die Kirchenbücher in Oberfrankenhain berichten ab ca. 1635 von Geburten und Taufen. Falls die Jäßnitzer zur Kirchgemeinde Frankenhain gehört haben sollten, müssten dort Eintragungen zu finden sein, denn die schwedischen Truppen haben erst 1635 und auf ihrem Rückweg 1644 hier Orte verwüstet. Ein Ortsname, der auf Jäßnitz hinweist, oder gar ein typisch slawischer Familienname wird jedoch an keiner Stelle erwähnt. Der Gemeindevorsteher und Gasthof besitzer von Oberfrankenhain, Robert Gräfe, schreibt 1903:

“Jäßnitz, der Sage nach ein Dorf, liegt 10 Minuten südlich von Frankenhain und grenzt an die Flur Niedergräfenhain. In einer da selbst angelegten Sandgrube ist jetzt ein Stück Grundmauer von einem Gebäude bloß gelegt worden. Dorfteiche bestehen nicht mehr, doch führen verschiedene Feldwege da hin. Die Größe der Wüstung läßt sich nicht feststellen, sie raint mit der Flur Niederfrankenhain, Hermsdorf, Niedergräfenhain und Geithain. Sie ist der Sage nach im 30-jährigen Krieg untergegangen”.

Dies ist aber eher unwahrscheinlich. Da der Ort in keinem Gerichts-und Steuerkataster vor dem 30-jährigen Krieg erscheint, bleibt an zunehmen, dass eine etwaige, wahrscheinlich von Slawen begründete Ortschaft schon viel früher, etwa im Zuge der Besiedelung durch die Franken, verschwunden ist. Anderen Orts ist überliefert, dass damals slawische Bewohner vertrieben wurden, in die neuen Orte über siedelten oder sich mit den Neusiedlern vermischten. Vielleicht ist diese Siedlung aus Holz-und Lehmhütten so klein gewesen, dass keine spezielle amtliche Erfassung der landwirtschaftlichen Flächen und der Einwohner erfolgt ist. Oder es gab hier nur eine unbedeutende Landwirtschaft. Man betrieb vielleicht nur Fisch- und Jagdwirtschaft oder der Ort hat schon vor den ersten entsprechenden Niederschriften nicht mehr existiert. Die Grafen von Rochlitz und Frohburg haben ab ca. 1064 auf Geheiß der Markgrafen Schriften und Akten bezüglich der Landverteilung und Steuerabgaben archiviert; und auch hier ist kein Hinweis zu finden. In den Annalen des Pegauer Mönchs Nenther lesen wir von einem Jeßnitz, das um 1105 wüst wurde, allerdings aber bei Groitzsch gelegen haben soll. Denkbar ist auch der Untergang von Jäßnitz während der Zeit der Hussiten-Raubzüge um 1430. In dieser Zeit wurden über 30 Dörfer in unserem Umkreis zu Wüstungen.

Dazu würde auch die Sage vom Gäßnitzreiter passen.

Nach dieser Sage zog ein Hauptmann mit einer mordenden und brandschatzenden Kompanie von Landsknechten durch unser Gebiet. Er befahl, den Ort Gäßnitz auszurauben und dem Erdboden gleichzumachen. Für dieses Verbrechen wurde er später gefangen genommen und enthauptet. Von nun an lastete ein schrecklicher Fluch auf ihm: Er muss in klaren Mondnächten in seiner schwarzen Uniform auf seinem schwarzen Pferd und ohne Kopf durch die Gäßnitz reiten, ruhelos und schuldbeladen. Den Kindern hat man früher gedroht, sie werde der Gäßnitzreiter in der Nacht holen, wenn  sie nicht artig sind. Einige glaubten auch, ihn beim nächtlichen Nachhauseweg aus der Schänke schon gesehen zu haben. Ein Beweisfoto aber konnte noch keiner schießen. Was ist al so dran am Mythos Jäßnitz?

Es gibt noch an die 25 weitere historische Flurnamen in der Frankenhainer Umgebung. Die meisten davon sind heute nicht mehr gebräuchlich und vielen gar nicht mehr bekannt. Infolge der Einführung der Straßennamen in Frankenhain 1981 gingen weitere alt überlieferte Bezeichnungen verloren. Die heute noch Bekanntesten sind das Pfarrholz, der Pfarrteich, die Schlumper, der Bäckerweg, der Hobusch (Hohe Busch), der Winkel, der Viehweg, der Hermesgarten (Schmiede Schneider), der obere und untere Herrenteich und der Roßhübel – hier soll früher ein Pferde markt ab gehalten worden sein. Überhaupt muss man sich vorstellen, dass die Gegend um Frankenhain bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts hinein noch zum größten Teil mit einem dichten Wald bedeckt war, der immer noch ein Rest des alten undurchdringlichen Miriquidi (Dunkelwald) war. Von Hopfgarten her reichte zum Beispiel der Wald 1907 noch bis zum sogenannten Hobusch, die Senke in Richtung Hopfgarten zirka 200 Meter nach dem Frankenhainer Ortsausgang. Dieser Wald prägte neben Sümpfen und kleinen Flüssen seit mehreren tausend Jahren diese Gegend.