Frankenhains Anfang

Die Zeit von 1100 bis 1550

Im Jahr 1100 verlegte Graf Wiprecht von Groitzsch seinen Hauptburgwartsort von Chorun (Kohren) nach Vroburg (Frohburg). Die Vroburg entwickelte sich damals stark, die Burg Chorun verlor zunehmend an Bedeutung. Auch wegen der größeren Nähe zu den alten slawischen und den geplanten neuen fränkischen Siedlungen lag die Vrohburg strategisch günstiger. Ab 1104 lief er dann die hiesige, damals äußerst bevölkerungsarme Gegend durch Franken aus dem Heimatland seiner Mutter besiedeln. Dort gab es, im Gegensatz zu den deutschen Ostgebieten, einen Bevölkerungsüberschuss. In den Annalen des Pegauer Mönchs Nenther aus dem Jahre 1149 wird berichtet, dass Wiprecht im Jahre 1105 Siedler aus dem Gebiet um Lengfeld bei Würzburg, wo seine Mutter Sigena Besitztümer hatte, hierher holte. In diesem Zuge seien im Merseburger Stiftswald (der in anderen Quellen auch ‘Bannwald’ genannt wird und die hiesige Gegend einschließt) etwa 100 Dörfer angelegt worden, die in der Regel Angerdorfer waren.

Weitere verwandtschaftliche Beziehungen der Markgrafen von Meißen nach Westfranken und Köln wurden genutzt, um zusätzlich Umsiedler anzuwerben. Grund dieser Umsiedlung war, dass man von den deutschen Siedlern mehr Abgaben zur Versorgung der neuen Herrschaft erwarten konnte als von den landwirtschaftlich rückständigen sorbischen Bauern. Die neuen Siedler erhielten als Starthilfe vererbbaren Grundbesitz, vorläufige Abgabefreiheit, materielle und finanzielle Unterstützung, sowie, was sehr wichtig für sie war, auch persönliche Freiheit. Während die Werber noch im Mainfränkischen unterwegs waren, begannen hier am ausgewählten Siedlungsort Vermessungs- und Vorbereitungsarbeiten, die in der Hauptsache unter der Obhut der Klöster von Mönchen ausgeführt wurden. Die Flurgrenzen wurden gezogen, vermessen und markiert. Während die Sorbenwenden bereits das bessere Land im Umkreis besiedelt und sogenannte Runddörfer (Rundlinge) angelegt hatten, legten die Franken Straßenanger- beziehungsweise Zeilendörfer an. Hinter den an einer Straße entlang errichteten Wohnhäusern befanden sich der Stall für das Vieh und daran anschließend blockweise die dreigeteilten Feldflächen der Bauern. Dies entsprach der damals modernsten Form der Landwirtschaft, der Drei-Felder-Wirtschaft mit eisernem Scharpflug und Pferden, Futteranbau und Tierwirtschaft in Ställen. Die Anbaumethode der Sorben war die sogenannte Feldwiesenwirtschaft. Bei dieser wurden, vorwiegend mit Ochsen und Holzpflug, die kleinen Felder für etwas Getreide, Rüben und Flachs bearbeitet. Sie betrieben dazu eine kleine Viehwirtschaft mit wenigen Ziegen, Schweinen, Kühen und Ochsen innerhalb ihrer Runddörfer, jeweils nur zur eigenen Versorgung. Weiterhin gingen sie, je nach den Möglichkeiten in ihrer Gegend, zusätzlich immer noch jagen und fischen.

In den ersten Jahren der Besiedelung waren die Franken noch hauptsächlich mit den Rodungen des Waldes, der Urbarmachung des Bodens und dem Haus- und Stallbau beschäftigt, so dass erst einmal nicht viel angebaut und geerntet werden konnte. Die sorbischen Bauern wurden zur Abgabe des Zehnten zur (vorläufigen) Versorgung der Neuankömmlinge verpflichtet und mussten bei Waldrodungsarbeiten helfen. Die Organisation und Verwaltung der Arbeiten und die Versorgung der Neusiedler war den Klöstern übertragen. Aufgrund des Wasserreichtums in der Frankenhainer Flur begann man hier auch sehr frühzeitig mit der Fischwirtschaft in Teichen. Die mächtigsten Männer waren zur Gründungszeit Frankenhains im Land zwischen Saale und Elbe die Markgrafen von Meißen und Merseburg. Die nächste gräfliche Machtzentrale für die Frankenhainer war damals in Rochlitz und Leisnig, für die Gebiete westseitig der Eula in Frohburg. Diese veranlassten, dass schrittweise nach der Befriedung der Slawen und insbesondere nach der Ankunft der fränkischen Siedler damit begonnen wurde, die im Umkreis wohnenden Sorben zu missionieren, falls es nicht bereits geschehen war. Ausgangspunkte waren hier die KIöster Zschillen und Pegau (1091 /96). Im Jahr 1105 siedelte Wiprecht im Sorbendorf Luziki (Lausick) einen Prior und sechs Mönche aus Pegau an. Weitere Klöster wurden in Altenburg und Chemnitz (1127), Altzellla (1162) und Buch (1192) gegründet. Diese forderten die Verschmelzung von slawischer und deutscher Bevölkerung auf dem Boden einer gemeinsamen Kirche. So kam es, dass viele Siedlungen damals keine Kirche hatten, weil sie entweder rein sorbisch waren oder zu klein, um eine eigene Kirche unterhalten zu können. Es ist aber zu vermuten, dass in der Frankenhainer Flur vorher keine Sorben siedelten, weil es hier nur Wald gab und der Boden schlechter war als im Umland. Das Schiff und der Turm der Kirche von Oberfrankenhain sind wahrscheinlich schon um 1100 erbaut worden, andere Quellen sprechen vom Baubeginn um das Jahr 1200. Für die erstere Zahl spricht, dass die Neuankömmlinge aus Franken, die ja schon seit ca. 600 nach Chr. christianisiert waren, zunächst ein Gotteshaus für sich und für die missionierten Sorben der Umgebung brauchten.

Zudem waren die Franken auch wahrscheinlich schon seit 1104 bis spätestens 1109 in der Frankenhainer Gegend ansässig. Weitere Indizien sind die architektonischen Übereinstimmungen mit der Kirche in Eula (fertiggestellt 1106). Letztere ist schon um 1090 auf Geheiß Wiprechts auf den Resten einer verfallenen hölzernen Basilika erstmals aus Stein errichtet worden. In der Pegauer Urkunde von 1105 über die Besiedelungstätigkeit des Wiprecht von Groitzsch wird Frankenhain allerdings nicht erwähnt.


Der Ortsname und die Lage von Frankenhain

Wie die Leisniger Chronik besagt, sind “die hiesigen Dörfer… (Ober- und Niederfrankenhain) …von Colonisten aus dem Frankenland angelegt worden, die der Sohn des Grafen Wiprecht von Groitzsch hierhergeführt hatte. Daher leitet sich wahrscheinlich auch der deutsche Name des Hauptortes ab.” Das Dorf Frankenhain, erstmals als ‘Franckenhagen’ urkundlich erwähnt, ist somit ein von ‘Franken’ in einem ‘Hagen’ angelegter Ort. Das althochdeutsche ‘hagan’ wird im Mittelhochdeutschen zu ‘hagen’ und in späterer Sprachentwicklung zu ‘hain’, was so viel wie “Dornenstrauch’ später auch ‘Zaun’ ‘Hecke’, ‘umhegter Platz’ oder ‘ gehegter Wald’ bedeutet, Im Allgemeinen wurden Rodungssiedlungen sehr oft mit dieser Namensendung versehen, Wahrscheinlich entstanden im Zuge der Ortsgründung in kurzem Abstand entlang der Schlumper zwei räumlich getrennte Ortsteile, die der Unterscheidung wegen als Ober- und Niederfrankenhain bezeichnet wurden. Diese Namensunterscheidung wird bereits im Jahre 1368 sowohl als ‘Obirnfrankenhayn’ als auch als ‘Nedirnfrankenhayn’   erstmals schriftlich benannt. Der Zusatz ‘Ober’, im althochdeutschen ‘obaro’ später ‘obere’, sagt aus, dass dieser Ortsteil etwas oberhalb des anderen Ortsteiles liegt. Der unterscheidende Zusatz ‘Nieder’ – althochdeutsch ‘nedir’, mittelhochdeutsch ‘nider’ – wurde dem wahrscheinlich etwas jüngeren Ortsteil vorangestellt, da dieser sich etwas unterhalb des oberen Ortsteiles befand.

Die getrennte Bezeichnung für Ober- und Niederfrankenhain gab es also schon sehr früh, denn auch 1371 erscheint die Bezeichnung ‘villa inferiori Frankenhayn’ (sinngemäß unteres Dorf Frankenhain). 1421 wird ‘Franckenhain’ erwähnt und 1445 taucht der Name ‘Frankinhain’ auf. Sicher hängt dies auch mit den schnell und ständig wechselnden Besitzern der Dörfer und deren Schreiber zusammen, denn bereits 1528 lesen wir wieder ‘Oberfrankenhein’ und auch ‘Niderfrankenhayn’ (Vis.261), um das Jahr 1548 ‘Oberfranken’ bzw. 1576 ‘Oberfrancken’ und im selben Jahr ‘Oberfranckenhayn’ (im Erbkaufvertrag von M. Koppers), sowie 1563 ‘Niederfrankenhayn’. Die Schreibweise lag damals hauptsächlich im Ermessen und an der Schriftgewandtheit des jeweiligen Verfassers. Die Schreiber zur damaligen Zeit schrieben “nach Gehör“, oftmals tauchen in ein und dem selben Dokument verschiedene Schreibweisen auf.

Obwohl Oberfrankenhain wahrscheinlich etwas älter ist, hatte Niederfrankenhain über die Jahrhunderte hinweg meist mehr Einwohner, |hier gab es auch den besseren Boden für Getreide und Klee. Zur geographischen Lage des Ortes schreibt 1840 der Frankenhainer Pfarrer Friedrich Fischer, dessen gleichnamiger Vater schon vor ihm Pfarrer in Frankenhain war, weiter: „… (Frankenhain) liegt in einem flachen Thale an einem Bächelchen, (Anm.: im Volksmund auch als “Schlumper’ bezeichnet) das der Eula zufließt, 1 Std. nordwestlich von Geithain, 1,5 Std. südlich von Lausigk und eben soweit O. N.O. von Frohburg… Die Ephoralstadt Borna (gegen N.W.) ist 2,75 Std. und die Städte Rochlitz und Colditz ebensoweit entfernt.“ Die Entfernungsangaben beziehen sich dabei auf einen Fußmarsch zur damaligen Zeit.

Von jeher durchschnitt die Straße, die weit bis ins 19. Jahrhundert hinein nur ein besserer Karrenweg war, von Geithain nach Borna den unteren Teil des Dorfes, fast rechtwinklig dazu führt die sogenannte und schon von alters her gut ausgebaute “Alte Heerstraße” von der Saale über Altenburg und Frohburg kommend zwischen Ober- und Niederfrankenhain hindurch in Richtung Tautenhain nach Colditz und von dort weiter bis zur Elbe.

Frankenhains erste urkundliche Erwähnung

Das damalige hiesige Pleißener Land erwarb der Hohenstaufen-Kaiser Friedrich I. (bekannt als Barbarossa) im Jahre 1158. Dieses Reichsland war somit Hausbesitz des Kaisers und wurde im nördlichen Teil von den Burggrafen in Leisnig und Rochlitz verwaltet. Im Jahre 1209 gründete Markgraf Konrad II. der Ostmark (anderen Orts auch als Konrad Markgraf von Landsberg und der Lausitz und als Graf von Groitzsch erwähnt), ein Sohn Dedos des Feisten von Rochlitz, kurz vor seinem Tod in Geithain ein Hospital. Die entsprechen de Gründungsurkunde wurde in Rochlitz ausgestellt und in ihr werden erstmals die damals schon bestehenden Dörfer Altdorf (heute zu Geithain gehörig), Frankenhain (hier als Franckenhagen) und Wickershain (hier als Wickershagen) namentlich genannt. Die Originalurkunde befindet sich im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden im Abschnitt des Cod. Dipl. III, Nr. 141, S. 100. Mit dem Ende der Stauferherrschaft (1250) gelangte das Pleißener Land unter wettinische Verwaltung. 1329 er hielt der Altenburger Markgraf Friedrich der Ersthafte darüber die Lehenshoheit. Somit geriet besonders Niederfrankenhain unter die Herrschaft der Adligen auf den Burgen Gnandstein und Frohburg (Marschalke), Oberfrankenhain blieb aber meist unter Rochlitzer Verwaltung durch das Rittergut Königsfeld.

Die Frankenhainer Fluren
Die Legende vom Gäßnitzreiter

Beginnen wir mit dem wohl spektakulärsten Flurnamen in unserer Gegend. Die an die Frankenhainer Flur südlich angrenzende Flur Jäßnitz, benannt nach dem dort befindlichen Wäldchen, wäre vom Namen her sorbischen Ursprungs. Es könnten also schon vor der fränkischen Besiedelung hier Sorben gesiedelt haben. Dafür spricht, dass der Boden über die Hermsdorfer bis zur Niederfrankenhainer Flur der ertragreichste der Gegend war. Eine Besiedelungsinsel ist es auf alle Fälle von alters her gewesen. Beweise dafür sind die zahlreichen Steinbeil- und Scherbenfunde, die auch vom Lehrer Werner Jehnich aus Frauendorf geborgen wurden. Der Ortsname leitet sich vom urslawischen ‘jasen’ oder ‘jesen’ (zu deutsch ‘Esche’) ab, der als Ortsbezeichnung ‘Jesenice’ den Ort bezeichnet, wo Eschen wachsen. Diese Baumart scheint früher hier sehr verbreitet gewesen zu sein – siehe Eschefeld. Der Name des hinter der Jäßnitz liegenden Hermsdorf (Hermannsdorf) ist aber schon wieder deutscher Herkunft. Der Flurname Jäßnitz wird später von den Fränkern (so bezeichnen sich die Frankenhainer selbst) als Gäßnitz oder Gessnitz bezeichnet. Ob es aber einen Ort Gäßnitz (auch Jeßnitz oder Jäßniz genannt) jemals überhaupt gegeben hat und wann, ist bis her nicht belegt. Lediglich einige Steinfunde, die von Häusern stammen könnten, sind bekannt. Aber selbst in dem Thalmannschen Sammlungsbericht über die Oberfrankenhainer Bewohner (ab ca. 1556) sind keine Namensverweise auf etwaige Bewohner von Jäßnitz zu finden. Hier sind mehrfach sämtliche Nachbarorte Frankenhains im Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften, Familienverhältnissen und Abstammungen aus Gerichtsbüchern genannt. Die Kirchenbücher in Oberfrankenhain berichten ab ca. 1635 von Geburten und Taufen. Falls die Jäßnitzer zur Kirchgemeinde Frankenhain gehört haben sollten, müssten dort Eintragungen zu finden sein, denn die schwedischen Truppen haben erst 1635 und auf ihrem Rückweg 1644 hier Orte verwüstet. Ein Ortsname, der auf Jäßnitz hinweist, oder gar ein typisch slawischer Familienname wird jedoch an keiner Stelle erwähnt. Der Gemeindevorsteher und Gasthof besitzer von Oberfrankenhain, Robert Gräfe, schreibt 1903:

“Jäßnitz, der Sage nach ein Dorf, liegt 10 Minuten südlich von Frankenhain und grenzt an die Flur Niedergräfenhain. In einer da selbst angelegten Sandgrube ist jetzt ein Stück Grundmauer von einem Gebäude bloß gelegt worden. Dorfteiche bestehen nicht mehr, doch führen verschiedene Feldwege da hin. Die Größe der Wüstung läßt sich nicht feststellen, sie raint mit der Flur Niederfrankenhain, Hermsdorf, Niedergräfenhain und Geithain. Sie ist der Sage nach im 30-jährigen Krieg untergegangen”.

Dies ist aber eher unwahrscheinlich. Da der Ort in keinem Gerichts-und Steuerkataster vor dem 30-jährigen Krieg erscheint, bleibt an zunehmen, dass eine etwaige, wahrscheinlich von Slawen begründete Ortschaft schon viel früher, etwa im Zuge der Besiedelung durch die Franken, verschwunden ist. Anderen Orts ist überliefert, dass damals slawische Bewohner vertrieben wurden, in die neuen Orte über siedelten oder sich mit den Neusiedlern vermischten. Vielleicht ist diese Siedlung aus Holz-und Lehmhütten so klein gewesen, dass keine spezielle amtliche Erfassung der landwirtschaftlichen Flächen und der Einwohner erfolgt ist. Oder es gab hier nur eine unbedeutende Landwirtschaft. Man betrieb vielleicht nur Fisch- und Jagdwirtschaft oder der Ort hat schon vor den ersten entsprechenden Niederschriften nicht mehr existiert. Die Grafen von Rochlitz und Frohburg haben ab ca. 1064 auf Geheiß der Markgrafen Schriften und Akten bezüglich der Landverteilung und Steuerabgaben archiviert; und auch hier ist kein Hinweis zu finden. In den Annalen des Pegauer Mönchs Nenther lesen wir von einem Jeßnitz, das um 1105 wüst wurde, allerdings aber bei Groitzsch gelegen haben soll. Denkbar ist auch der Untergang von Jäßnitz während der Zeit der Hussiten-Raubzüge um 1430. In dieser Zeit wurden über 30 Dörfer in unserem Umkreis zu Wüstungen.

Dazu würde auch die Sage vom Gäßnitzreiter passen. Nach dieser Sage zog ein Hauptmann mit einer mordenden und brandschatzenden Kompanie von Landsknechten durch unser Ge biet. Er befahl, den Ort Gäßnitz auszurauben und dem Erdboden gleichzumachen. Für dieses Verbrechen wurde er später gefangen genommen und enthauptet. Von nun an lastete ein schrecklicher Fluch auf ihm: Er muss in klaren Mondnächten in seiner schwarzen Uniform auf seinem schwarzen Pferd und ohne Kopf durch die Gäßnitz reiten, ruhelos und schuldbeladen. Den Kindern hat man früher gedroht, sie werde der Gäßnitzreiter in der Nacht holen, wenn  sie nicht artig sind. Einige glaubten auch, ihn beim nächtlichen Nachhauseweg aus der Schänke schon gesehen zu haben. Ein Beweisfoto aber konnte noch keiner schießen. Was ist al so dran am Mythos Jäßnitz? Es gibt noch an die 25 weitere historische Flurnamen in der Frankenhainer Umgebung. Die meisten davon sind heute nicht mehr gebräuchlich und vielen gar nicht mehr bekannt. Infolge der Einführung der Straßennamen in Frankenhain 1981 gingen weitere alt überlieferte Bezeichnungen verloren. Die heute noch Bekanntesten sind das Pfarrholz, der Pfarrteich, die Schlumper, der Bäckerweg, der Hobusch (Hohe Busch), der Winkel, der Viehweg, der Hermesgarten (Schmiede Schneider), der obere und untere Herrenteich und der Roßhübel – hier soll früher ein Pferde markt ab gehalten worden sein. Überhaupt muss man sich vorstellen, dass die Gegend um Frankenhain bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts hinein noch zum größten Teil mit einem dichten Wald bedeckt war, der immer noch ein Rest des alten undurchdringlichen Miriquidi (Dunkelwald) war. Von Hopfgarten her reichte zum Beispiel der Wald 1907 noch bis zum sogenannten Hobusch, die Senke in Richtung Hopfgarten zirka 200 Meter nach dem Frankenhainer Ortsausgang. Dieser Wald prägte neben Sümpfen und kleinen Flüssen seit mehreren tausend Jahren diese Gegend.

Gerichtsbarkeit, Herrschaft und die Kirche bis zur Reformation

Die fränkischen Einwanderer brachten aus ihrer Heimat ein eigenes Dorfgesetz und ihren eigenen “Volkst-hing” mit. Dies ist eine niedere Gerichtsbarkeit in Form eines Dorfgerichts (Commun Juristiction),das für ‘leichte’ Fälle die Gerichtsbefugnis hatte und noch bis weit ins 19.Jahrhundert, speziell in Niederfrankenhain, praktiziert wurde. In den alten Gerichtsbüchern lesen wir, dass der Ortsrichter und seine zwei Schöffen bei allen Gerichtsgeschäften, auch vor der Obergerichtsbarkeit, zugegen sein mussten. Diese waren gleichzeitig auch die Verbindungsleute zu den Grundherren und Kontrolleure über die Einhaltung der Gerichts- und Steuerordnung im Dorf. Alleinige Kompetenz hatten sie über das Gemeindehirtenhaus, das Spritzenhaus, die Dorfschmiede und den Altgemeindebesitz. Ober- und Niederfrankenhain werden wohl am Anfang komplett unter der Herrschaft der Rochlitzer Grafen gestanden haben, die ausgehend von dem Rittergut Königsfeld, das ihr Versorgungsgut war, diese Ländereien beherrschten und verwalteten. Später änderten sich die Verhältnisse durch Erbschaften, Verkäufe und Kriege in kurzen Abständen. Es wurde mit Grund und Boden, mit Wäldern, mit ganzen Dörfern und Bauern ein reger Handel betrieben. Zeitweise gab es deswegen mancherorts eine doppelte Grundherrschaft und die Zeiten waren nicht leicht für die einfache Landbevölkerung. Im 14. Jahrhundert waren die Brüder Heinrich und Witze Marschalke von Frohburg die Besitzer von Niederfrankenhain. Deren Familie saß bereits seit 1228 bis 1317 als Marschall von Gnandstein auf der dortigen Burg, bis die se von den Leisniger Burggrafen übernommen wurde. Am 16. Oktober 1368 verkauften sie für 104 Schock neuer Freiberger Groschen ganz Niederfrankenhain und zwei Höfe in Oberfrankenhain, nämlich Schenkel und Polster (zuletzt Thea Bernstein, jetzt Stefan Vogel) mit den zwei “abge bauten” Häusern (heute Martin und Fritzsche) an die bei den Chemnitzer Bürger Frenzil Swenkenstein und Peter Arnold. Damaliger Lehnsherr für diese Anwesen war Friedrich, der Bischof von Merseburg, der über den ‘Gemeinen Kasten Chemnitz’ seine Lehen hier verwaltete. Bis zur Zeit der Reformation erhielt deshalb die Chemnitzer Jacobskirche 4 Schock breiter Groschen jährlichen Zins von Niederfrankenhain, bis der Kurfürst August es für 400 Gulden kaufte und für den gleichen Betrag am 1. Dezember 1567 dem Geithainer Stadtrat überließ. Dessen Erster Bürgermeister übte von nun an die Obergerichtsbarkeit über Niederfrankenhain und die zwei Güter in Oberfrankenhain mit den zwei dazugehörigen Häusern aus. Die Niederfrankenhainer Güter gehörten später zu zirka einem Drittel unter die Herrschaft der Einsiedelschen Adelsfamilie auf Gnandstein und somit unter die Verwaltung des Rittergutes zu Syhra. Dort hatten die Einsiedels auch einen Gerichtsdirektor und einen Gerichtsaktuar eingesetzt. Wahrscheinlich übten sie so durch das Rittergut Syhra auch die Obergerichtsbarkeit über ihren Anteil von Niederfrankenhain aus. Frondienste waren an Syhra zu leisten, die Steuern waren an das Amt Rochlitz zu entrichten. Der restliche, größere Teil Niederfrankenhains unterstande fast ganz dem Stadtrat zu Geithain. Ein kleiner Teil, wie auch Pfarre, Kirche und Schule von Oberfrankenhain gehörten unter das Patronats- und Kollaturrecht (Recht zur Besetzung einer geistlichen Amtsstelle, z.B. Pfarrer) des Hopfgartener Rittergutes. Auch hier waren die Herren von Einsiedelschem Blut.

Oberfrankenhain war im 15. und 16. Jahrhundert im Besitztum derer von Einsiedel, die mindestens seit 1387 (1409 ist der Besitz erst malig urkundlich erwähnt) als Folgebesitzer der Leisniger Burggrafen auf der Gnandsteiner Burg saßen. Die meisten Oberfrankenhainer Güter fielen unter die Verwaltung durch das Rittergut Königsfeld im Amt Rochlitz. Die Steuern waren nach Rochlitz abzuführen. Das Gut Polster (zuletzt Thea Bernstein, jetzt Stefan Vogel) und zwei Häuser von Oberfrankenhain (jetzt Fritzsche und Martin) gehörten zum Rittergut Syhra, sowie ein Gut (Schenkel) unter die Ratsherrschaft von Geithain und somit gerichtsbar und grundherrschaftlich zu Niederfrankenhain. Die Kirchenparochie Oberfrankenhain stand ebenfalls unter der Herrschaft derer von Einsiedel. Besonders zu nennen ist Heinrich Hildebrandt von Einsiedel (1497-1557), der sich mehr als andere Herren der damaligen Zeit um seine Ländereien und die darauf lebenden Menschen kümmerte. Er verfügte unter anderem eine Unterstützungskasse für die Witwen und Kinder auf seinen Rittergütern angestellten Pfarrer. Das Geld kam von Zinserträgen aus einem bedeutenden Kapital (200 Gulden), welches dieser Adlige in seinem Testament für diesen Zweck bestimmt hatte, weiterhin aus einem Eintrittsgeld und jährlichen Beitragszahlungen an den Fond durch die betreffenden Pfarr stellen. Auch um ihre Bauern waren die Einsiedel-Brüder damals besorgt. Heinrich Hildebrand wollte sogar die Frondienste in der bestehenden Form abschaffen. Er meinte, ein Landvolk, dem es relativ gut geht, nützt letztlich auch seinem Herren. Er trug dies allerdings den Landesherren nicht vor, weil seine Freunde Luther, Spalatin und später auch Melanchthon aus theologischen Gründen dagegen waren. Die Zeit war eben noch nicht reif für Reformen. “Standesgemäß” sind einige hier ansässige Mitglieder dieser Adelsfamilie in den Kirchen Hopfgarten und Oberfrankenhain mit besonderen Grabstätten bedacht worden. Der Einsiedelschen Familie dankbare Widmer einer Gedenktafel in der Dorfkirche von Gnandstein waren so mit auch die Niederfrankenhainer Bewohner, denen die moderate Feudalpolitik der Einsiedels oft weiterhalf.

Im Jahre 1514 wurde die Oberfrankenhainer Kirche, die `gegen 700 Pariser Fuß über dem Meeresspiegel’ steht, im spätgotischen Stil umgebaut. Davon zeugen die Weihekreuze im Altar- und Chorraum, das in Rochlitzer Porphyr gefasste Sterngewölbe und die Kirchenfenster. Aus dieser Zeit stammen auch der schöne Flügelaltar mit der Kreuzigungsgruppe und die Sakramentsnische (Tabernakel) mit architektonischer Rahmung und gewundener Dreiviertel-Säule. Das altromanische Südportal blieb dabei ebenfalls unverändert. Weiterhin sind der (heute nicht mehr genutzte) romanische Taufstein und die romanische Säule mit dem schönen Kapitell unter der Kanzel aus der frühesten Zeit der Kirche erhalten geblieben. Auch fünf schöne, geschnitzte und bemalte Holzfiguren aus dem 14. Jahrhundert, die inzwischen restauriert wurden, sind im Chorraum der Kirche zu sehen.

Ob wohl ein Patrozinium urkundlich nicht bezeugt ist, wurde nach der Überlieferung unsere St. Mauritius-Kirche damals jenem “Mauren” aus Afrika geweiht, der als römischer Legionär und Anführer der 22. Thebäischen Legion im Jahr 302 sich weigerte, auf dem Gebiet der heutigen Schweiz (bei St. Maurice) die Christen aufzuspüren und zu ermorden. Dafür wurden er und viele gleichgesinnte römische Soldaten dieser Legion auf Befehl vom kaiserlichen Mitregenten Maximianus hingerichtet. Dieser Heilige wird, da er aus Afrika stammte, oft als Mohr dargestellt, so auch in unserer Kirche. Das Schild der Mauritiusfigur im Mittelfeld des Altars trägt folgen de Inschrift, die als Indiz für die Weihe gilt: “Sanctus Mauritius mit diner heilgen gesellschaft bittet vor uns nu und tho allen ghetzoiden”.

Die Pfarrer waren zu jener Zeit ab 1517 Wolfgang Irmisch (Irmscher), geboren 1483 in Gelenau, † 1519, danach Paul Fischer bis 1534 († 1553), ab 1534 Wolfgang Agricola (vorher seit 1529 in Hopfgarten, † 1547) bis 1553 und danach Daniel Walther († 1588). 1584 bis 1588 hatte Elias Vogel, der 1561 in Frohburg geboren war, die Oberfrankenhainer Pfarramtsstelle inne.

Die Reformation wurde in Frankenhain schon sehr frühzeitig, nämlich bereits 1533/34, eingeführt. Das angrenzende, mittlerweile aber etwas geschrumpfte, ‘Pleißnerland’ (wozu zu dieser Zeit Oberfrankenhain nicht mehr, sehr wohl aber Gnandstein gehörte) stand in diesen Jahren unter dem über den ernestinischen Teil verfügenden Sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich I. (genannt: Der Weise). Dieser unterstütze intensiv Luther und die Reformation (er ordnete u. a. die Schutzentführung Luthers auf die Wartburg an). Auch war die Einsiedelsche Familie auf Gnandstein eng mit Luther befreundet. Elbisbach gehörte mit seiner kleinen Kapelle bis 1533 als Filial zur Pfarrkirche Oberfrankenhain, diese stand bis dahin unter dem Archidiakonat in Grimma. Hopfgarten hatte bis zur Reformation einen eigenen Pfarrer. Im Jahre 1534 wurde die Hopfgartener Kirche als Schwesterkirche Oberfrankenhain zu geordnet. Im Gegenzug wurde das Filial Elbisbach an Prießnitz abgegeben. Das Dorf Ottenhain, welches damals zu Hopfgarten gepfarrt und geschult war, wurde später zum Dorf Tautenhain geschult.

In der Fischer-Chronik lesen wir dazu: Pfarrer Fischer erfuhr auf Nachfrage von seinem Namensvetter und Amtsbruder Karl-Friedrich Fischer, der zuerst in Frohburg und dann in Lausigk Pfarrer war: “…dass im weimarschen Staatsarchiv die Visitationsakten lägen… (mit hilfe derer die Reformation bei uns durchgeführt wurde) …1528, Montag nach Luciä (13. Dezember): Elbisbach hat eine zu Oberfrankenhain gehörende Kapelle. Zu Oberfrankenhain amtier t Paulus Fischer, von Heinrich von Einsiedel beliehen (eingesetzt). Er ist (als) ziemlich (geeignet) befunden worden, hat aber bisher lateinische Messe gehalten und das Sakrament unter einer Gestalt (Hl. Abendmahl nur mit Reichung der Hostie, aber ohne Wein – ein typisches Merkmal des Katholizismus) gereicht. Die Pfarre liegt in Herzog Georgs Obrigkeik (Herzog Georg der Bärtige, Kurfürst des albertinischen Sachsens 1500-1539, großer Luthergegner) hat sich aber zu bessern (reformieren) erboten. Die zweite Visitation war, wie die erste, zu Altenburg (diese war ebenfalls von der dortigen Superintendentur durchgeführt worden). Mittwoch nach Andreae (30. November) 1533… In Hopfgarten amtiert Wolfgang Agricola. Doch Dienstag nach Quasimodo geniti 1533 (wahrscheinlich aber 1534) schreibt Spalatin (Georg Burkhahrdt), der damals Superintendent in Altenburg war und von hier aus den Aufbau der sächsischen Landeskirche betrieb) an Heinrich von Einsiedel, dass bis auf weiteres Oberfrankenhain und Hopfgarten eine Pfarre sei, (und) Elbisbach nach Prießnitz gehören sollte.” Für die nächsten 450 Jahre blieb die Verwaltungs- und Kirchenzuordnung des Dorfes ziemlich stabil zwischen Rochlitz (Gut Königsfeld), Gnandstein (Gut Syhra), Geithain und Borna verteilt. Erst in neuerer Zeit werden Dorf und Kirche wieder in diversen modernen politischen und kirchlichen Verwaltungsstrukturen “aus Kostengründen” hin und her geschoben. So viel uns auch von den damaligen Herrschern überliefert ist, so wenig wird von der einfachen Landbevölkerung geschrieben.

Die Bauern und besonders die Tagelöhner arbeiteten meist schwer für ihr eigenes Auskommen und für das ihrer Herrschaft. Es gab gute ‘fette’ Jahre, doch dann folgten wieder Trockenheit, Missernten, Unwetter und Tierseuchen. Dies und besonders die Kriegsfolgen ließen das einfache Landvolk, aber auch die Herrschaft oft die Gürtel enger schnallen. Frondienste, Abgaben und Steuern waren entsprechend hoch. Armut, Hunger und Krankheit zählten zu den alltäglichen Dingen. Viele erreichten kaum das sechzigste Lebensjahr, obwohl auch hier die Ausnahmen zahlreich waren. Da es eine medizinische Versorgung überhaupt nicht gab, war die Kindersterblichkeit, auch in den Adelsfamilien, groß. Dazu kamen Kriegsdienst und Sonderdienste für die Grundherren, die Landesfürsten und die Gemeinde. So mussten zusätzlich Wege gebaut, Gräben gereinigt, Holz geschlagen, Teiche geschlämmt, die Kirche instandgehalten und Botendienste für die Herrschaft verrichtet werden.

Strenge Handels- und Gewerbevorschriften regelten bereits damals die Arbeit in Landwirtschaft, Handwerk, Gastgewerbe und Handel. So wurde zum Beispiel den Gastwirten vorgeschrieben, wo sie ihr Bier einzukaufen hatten und wie viel in einem bestimmten Zeitraum ausgeschenkt werden durfte. Musik und Tanz, besonders in der Öffentlichkeit, waren meist genehmigungspflichtig. Es wird aber auch in verschiedenen Quellen davon berichtet, dass bereits zu dieser Zeit einzelne Bauerfamilien durch ihren Fleiß und günstige Umstände zu nicht unerheblichem Reichtum gelangten.



Viele interessante Informationen, Geschichten und so manchen Tratsch über die Bewohner Frankenhains aus dieser Zeit kann man in der Thalmannschen Chronik “Wer pflügte vor uns die Scholle?” finden.